Gebäudeautomatisierung

Smarte Thermostate und variable Stromtarife: Chancen und Herausforderungen

In der Regel machen die Kosten für Fahrten zur Arbeit und für Heizung und Warmwasser die größten privaten Energieausgaben aus. Danach kommen die Ausgaben für Strom, der für Kochen, Kühlen und Waschen verwendet wird. Der Energiebedarf von IT-Geräten steht eher am Ende der Liste. Selbst wenn man Unterhaltungselektronik mit einbezieht, machen digitale Geräte im Durchschnitt nur rund 30 Prozent der Stromrechnung aus. Das Einsparpotential dürfte davon höchstens ein Viertel ausmachen – vielleicht 10 bis 50 Euro pro Monat. Jede eingesparte Kilowattstunde ist jedoch willkommen.
Eine Möglichkeit, um die Heizkosten zu senken, ohne die Dämmung oder die Heizung selbst zu verändern, sind smarte Thermostate. Ein erster Anhaltspunkt, ob sich der Einsatz lohnt, finden Sie in der Nebenkostenabrechnung. Wenn der Jahresverbrauch für Warmwasser und Heizung unter 8 Euro pro Quadratmeter liegt, dürften Sie nur geringe Einsparungen erzielen. Ab 12 oder spätestens 15 Euro sollten Sie jedoch genauer nach den Ursachen suchen und auch prüfen, ob Sie im Vergleich zum Schnitt des Wohngebäudes teurer heizen.
Durchschnittliche Verbrauchswerte, aufgeschlüsselt nach Energieträger und Gebäudegröße, finden Sie beispielsweise auf heizspiegel.de. Dort erhalten Sie auch weitere Tipps zur Senkung der Heizkosten, die unabhängig von IT-Geräten sind. Wenn sich herausstellt, dass Sie überdurchschnittlich hohe Heizkosten haben, können smarte Thermostate dabei helfen, einige dieser Tipps umzusetzen.
Das konkrete Sparpotenzial durch den Einsatz von smarten Thermostaten hängt stark vom individuellen Nutzerverhalten ab. Je sorgfältiger Sie und Ihre Familienmitglieder daran denken, die Heizung bei geöffneten Fenstern, bei Abwesenheit oder in ungenutzten Räumen herunterzudrehen, desto mehr können Sie sparen. Die Spannbreite reicht von wenigen Euro im Jahr im kleinen Passivhaus-Appartement bis hin zu einigen Hundert Euro im schlecht gedämmten Altbau.
Ein smartes Thermostat kostet zwischen 35 und 80 Euro, typischerweise müssen alle ein bis drei Jahre zusätzlich zwei AA-Batterien gekauft werden. Zudem benötigen Sie eine Steuerzentrale, die in der Regel rund 100 Euro kostet und jährlich etwa 10 Euro Strom verbraucht.
Einige Zentralen erfordern zusätzlich ein Abonnement beim Hersteller, beispielsweise fallen bei Tado für bestimmte Komfortfunktionen jährlich 25 Euro an. Wenn Sie bereits eine Smart-Home-Zentrale betreiben, können Sie günstiger wegkommen. 
Alternativ oder zusätzlich können Sie direkt an die Heizung selbst herangehen – zumindest im eigenen Haus oder wenn Sie beispielsweise eine Gastherme in der Wohnung haben; überraschend viele Heizungen haben einen Steuerzugang. Dort können Sie eine Nachtabsenkung oder ein Abschalten während des Urlaubs mit weniger Aufwand einstellen als bei individuellen Thermostaten. Sie müssen jedoch überlegen, unter welchen Bedingungen reduzierte Vorlauftemperaturen oder ein Abschalten bei Ihrem Heizungsmodell sinnvoll oder kontraproduktiv sind.
Wer den ganzen smarten Aufwand scheut, kann über programmierbare Thermostate ohne Vernetzung nachdenken. Sie sind günstiger, erfordern aber, dass die Nachtabsenkung einzeln eingegeben wird.

Variabler Strompreis

Eine interessante Möglichkeit, um die Stromkosten zu senken, sind Tarife mit stundenaktuellen Kilowattstunden-Preisen, wie sie von Awattar und Tibber angeboten werden. Diese Anbieter geben die Preise der Strombörse EPEX direkt an die Kunden weiter, die sich im Laufe des Tages um bis zu 20 ct/kWh ändern können. Günstige Preise entstehen beispielsweise durch Stromüberangebote, wenn bei günstigem Wetter viel Strom von Windrädern und PV-Anlagen produziert wird oder im Winter viel Strom von Fernheizkraftwerken übrig ist.
Die Idee hinter den Preisschwankungen ist, dass die Kunden den Betrieb ihrer großen Stromverbraucher auf die günstigen Stunden verschieben. Dazu zählen vor allem Elektroautos und Wärmepumpen, aber auch Waschmaschinen, Trockner und Geschirrspüler. Auf diese Weise können Ersparnisse von vielleicht im Schnitt 15 ct/kWh bei den verschobenen Verbrauchern realisiert werden. Bei E-Autos wären das 6 bis 12 Euro pro Ladung, manchmal mehr und manchmal weniger.
Trockner, Waschmaschine und Geschirrspüler sparen pro Durchlauf grob geschätzt einige wenige bis maximal vielleicht 50 Cent. Um dies automatisch statt per manuell gestelltem Timer zu ermöglichen, müssen Sie die Technik berücksichtigen, die den verschobenen Start ermöglicht: entweder Smart-Home-gesteuerte Schaltsteckdosen für Geräte, die bei aktivierter Stromzufuhr starten können, oder neue Geräte mit Smart-Interfaces.
Die Ersparnis durch den Einsatz von Wärmepumpen ist schwer einzuschätzen, außerdem ist es nicht einfach, Heizung, Stromanschluss und Tarif unter einen Hut zu bringen.
Der Haken bei variablen Stromtarifen ist, dass sie einen Smart Meter erfordern, der den Stromverbrauch stündlich an den Anbieter meldet und monatlich zwischen 5 und 12,50 Euro Messstellengebühr kostet.

Schlusswort

Mit der zunehmenden Verbreitung von Smart Metern könnten solche Stromtarife an Attraktivität gewinnen und es könnten auch andere Anwendungen entstehen, zum Beispiel ein Kühlschrank, der sich während der teuersten Stunden abschaltet. Derzeit sind Stromtarife direkt von der Börse jedoch nur bedingt empfehlenswert, auch weil man im Vergleich zu Altverträgen mit garantierten Arbeitspreisen von 30 ct/kWh draufzahlt. Aus diesem Grund hat Awattar kürzlich einen Aufnahmestopp für Neukunden verhängt.

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